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Petition gegen verfassungswidrige Gesetze

Gerade erhielt ich folgende E-Mail:
Hallo Manuel,
mir ist gerade eingefallen, dass auch du dich stark gegen die Vorratsdatenspeicherung engagierst, und daher dachte ich, dass du das hier eventuell interessant finden könntest - wenn du es für Unterstützenswert hältst, wäre ich natürlich dankbar, wenn du in deinem Blog darauf hinweisen könntest.

Ich habe beim Bundestag eine öffentliche Petition eingereicht, die fordert, dem Bundespräsidenten eine strenge inhaltliche Prüfungspflicht für Gesetze aufzuerlegen. Wenn bei der Prüfung Zweifel über die Verfassungsmäßigkeit aufkommen, soll das Gesetz zwingend dem BVerfG vorgelegt werden, bevor es unterzeichnet wird und in Kraft treten kann. (Bisher ist die Prüfung von Gesetzen durch den Bundespräsidenten unklar definiert, sodass selbst bei Zweifeln ein Gesetz meist erst unterschrieben und später dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt wird, siehe z. B. das Luftsicherheitsgesetz.)

Durch eine solche Regelung könnte meiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass verfassungswidrige Gesetze vor dem Inkrafttreten abgefangen werden und nicht erst danach vom BVerfG korrigiert werden müssen, nachdem sie potentiell große Schäden angerichtet haben (siehe die Kosten für die umsetzenden Provider bei der Vorratsdatenspeicherung und die Verunsicherung durch das BKA-Gesetz).

Auch wenn die Petition nicht erfolgreich sein sollte, kann sie doch dazu führen, dass die Problematik verfassungswidriger Gesetze mehr ins Licht der Öffentlichkeit rückt und Politiker mehr darauf achten, keine verfassungswidrigen Gesetze mehr zu produzieren.

Die Petition kann auf der offiziellen Seite des Bundestags von jedem unterzeichnet werden. Die Adresse lautet: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=2080

Gruß
Ich gebe zu: Man kann darüber streiten, ob man damit einen Staat nicht bürokratischer macht und neuen Gesetzen evtl. Steine in den Weg legt. Aber nach der letzen, in meinen Augen Fehlentscheidung des Bundespräsidenten über die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung habe ich mich entschlossen, diese Petition mitzuunterzeichen und dies zu bloggen.

Ich glaube, dass jeder, egal ob für oder gegen die Vorratsdatenspeicherung, grundsätzlich einem solchen Gesetz offen gegenüberstehen müsste, wenn er denn an die Freiheit in unserem Land und daran, dass das Bundesverfassungsgericht für eben diese steht, glaubt. Hier nochmal der Link zum Mitmachen:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=2080

Kommentare

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Jason Peper

[x] Erledigt

Christian

Argh, eine schöne Zwickmühle, die hier gebastelt wird. Es ist ja eigentlich schon so, dass der Bundespräsident ein Gesetz nicht abzeichnen soll, wenn er von der Verfassungswidrigkeit desselben überzeugt ist. Und bei dieser Überzeugung haben wir eben das große Problem. Gerade bei schwerwiegenden Fragen braucht ja auch das BVerfG eine Weile bis zur Urteilsfindung.

Nehmen wir das BVerfG als Zwangsstufe bei allem, was Zweifel an der Verfassungsgemäßheit aufwirft, dann heißt das, dass die Legislative bei allem was nicht EINDEUTIG verfassungsgemäß ist, blockiert ist. An sich ein schöner Zustand, aber das Risiko besteht darin, dass der Bundestag von den Ereignissen überrollt wird, weil er nicht mehr reagieren kann.

Der Schaden durch verfassungswidrige Gesetze ist das Risiko, das wir auf uns nehmen, um eine Reaktionsfähigkeit des Gesetzgebers zu behalten. Gesetze, die offensichtlich verfassungswidrig sind, kann und soll der Bundespräsident heute schon abwenden. Die Frage zum Beispiel Luftsicherheitsgesetz sollte IMO eher lauten: Warum reichte es bei Horst Köhler nur zu Bedenken, wenn andere die Verfassungswidrigkeit sehr früh als eindeutig erkannten? Letztendlich hängt es da an der Person und kann nicht wirklich öffentlich diskutiert werden.

Christoph

Sehe ich ähnlich. Der Bundespräsident hat bereits die Aufgabe diese Gesetze entsprechend zu prüfen. Würde nun ein solches Gesetz verabschiedet werden, würde der Bundespräsident erstmal einfach keine Zweifel äußern, frei nach dem Motto, irgendeiner wird schon klagen. Und dann wird man ja sehen, wie es das BVerfG sieht.

Achja, vergesst nicht in dem Zuge auch gleich noch für die Petition zur bedingungslosen Grundsicherung (~1000€/Monat, wenn ich mich Recht entstinne) zu stimmen. Die nächsten Generationen werden sich freuen, wenn die den Schuldenberg sehen.
scnr

Ich habe durchaus nichts gegen den Sozialstaat, unterstütze diesen sogar. Nur hat das ganze auch seine Grenzen. Von den Ursprüngen des Problems löst die Grundsicherung nämlich garnichts. Die Leute sind immer noch Arbeitslos.
Das sollte mal lieber angegangen werden. Auch wenn das sicherlich nicht von Heute auf Morgen umsetzbar ist. Die Bildung kann man in diesem Zuge auch gleich noch fördern. Gerne auch Angebote für Erwerbssuchende, das wäre immer noch besser als irgendwelche irrwitzigen Seminare/Schulungen der Agentur für Arbeit.

Mh.. voll vom Thema abgekommen, naja egal.

Max

nun, wenn man dem Zustimmt, dann verlagert man die Gesetzfindung zu der Gesetzinterpretation. Es hat schon seinen Sinn, dass es getrennt ist.

Man sollte eher auspassen, wer gesetze macht. Und das steht ja schon in der Macht eines Einzelnen sich bei der Wahl zu entscheiden..

Rafael

Moin!

Sorry, aber das Ganze ist Uninn. Unter anderem würde das Verlangen, dass der Bundespräsident (BP) auch über entsprechendes juristisches Wissen verfügen müsste, was aber nicht von jedem Deutschen der auch BP werden kann verlangt wird (oder werden sollte). Natürlich könnte der BP die Prüfung auch in Auftrag geben - nur würde dies eben auch nur auf ein Gutachten hinauslaufen, welches aber nicht unbedingt auch "korrekt" sein muss - dies sieht man auch bei Gerichtsprozessen, wenn die Anwendbarkeit bestimmter Normen streitig ist - und um nichts anderes geht es hier.

Überdies würde eine solche Prüfung durch den BP diesem auch eine Macht geben, die er per se nicht innehaben sollte, nicht umsonst wird mehrheitlich die Prüfungs- und Ablehnungspflicht des BP eher verneint.

Auch gibt es einen Unterschied zwischen verfassungswidrigen Gesetzen und "empfunden verfassungswidrigen" Gesetzen. Durchaus hätte z.B. das LuftSichG auch im Rahmen des Abwägungsinteresses als verfassungskonform angesehen werden - dem Stand "nur" die absolute Unabwägbarkeit von Menschenleben aus Art. 1 I GG entgegen. Bei vielen anderen Gesetzen, die später als verfassungswidrig kassiert werden, ist die Grenze sogar schwammiger und schwieriger - sodass eben nicht einfach jeder einfach sagen kann, ob es sich wirklich um ein verfassungskonforum Gesetz handelt oder eben nicht.

Ich möchte da, ehrlich gesagt, lieber weiterhin die Kontrolle, wie von den Verfassungsvätern vorgesehen, in den Händen eines juristisch geschulten Gremiums wissen, als in der Hand einer einzigen Person, die sich evtl. dem Populismus ergibt.

Jan Schejbal (der Petent)

Vielen Dank zunächst am Manuel für die Veröffentlichung und den Lesern für die rege Beteiligung!

Derzeit ist hoch umstritten, welchen Umfang die Prüfung hat (formale Art des Zustandekommens oder auch Inhalt?) sowie ob es sich um ein Recht oder eine Pflicht handelt (jeweils auf Formales und Inhalt bezogen). Daher wird selbst bei erheblichen Zweifeln das Gesetz meist durchgewunken.

Ich verstehe die Bedenken, dem BP zu viel Macht einzuräumen. Christian bringt es gut auf den Punkt: Es ist eine Abwägung zweier Risiken. Das Risiko durch verfassungswidrige Gesetze sehe ich aufgrund der aktuellen Beispiele (VDS, BKA-Gesetz, Luftsicherheitsgesetz, ...) höher als das Problem verzögerter Gesetze. Ein praktischer Nebeneffekt wäre auch, dass es nicht mehr möglich wäre, durch DoS auf das BVerfG verfassungswidrige Gesetze lange gültig zu halten, wie es ansatzweise jetzt schon zu sehen ist. Der BP soll weder die Macht bekommen Gesetze zu machen (das darf er aus gutem Grund nicht), noch die Macht, Gesetze zu verhindern (Vetorecht). Er soll lediglich Gesetze an das BVerfG schicken können. Wenn die Befürchtungen (z. B. im Missbrauchsfall) offensichtlich unbegründet sind, wird das BVerfG notfalls im Eilverfahren das Gesetz abnicken, wodurch eine Verzögerung von 1-2 Monaten eintritt. So lange wie das Gesetzgebungsverfahren dauert ist das nicht weiter schlimm. In einem Rechtsstaat sollte es meiner Meinung nach Ziel sein, verfassungswidrige Gesetze auf jeden Fall gar nicht erst entstehen zu lassen statt sie nach Jahren zu korrigieren.

Mal abgesehen davon lassen sich nötige Gesetze meist auch umsetzen, ohne am Rand der Verfassungswidrigkeit zu schrammen. Dann sind eben ein paar problematische Punkte weniger drin (wie z. B. die problematischeren Teile des BKA-Gesetzes). Umso besser, wenn man mich fragt. Die Grenzen im GG sind ja keine Anleitung, wie weit man auf jeden Fall gehen soll, sondern vielmehr was man nie überschreiten darf. Sie so weit es geht zu dehnen entspricht nicht gerade dem Geist des GG. So könnte dies auch ein "herantasten" an die Grenzen des GG unattraktiv gestalten.

Eben weil die Einschätzung im Einzelnen schwierig ist und der BP nicht zu viel Macht haben darf, soll die eigentliche Prüfung ja das BVerfG übernehmen, der BP soll nur bei auffallend problematischen Gesetzen vor der Ausfertigung das Verfahren einleiten.

Ich hab mir schon was dabei gedacht ;-)

Gruß
Jan

Rafael

Moin!

@Jan:

1. Das was du hier schreibst und was du andererseits in der Petition forderst sind dann aber zweierlei Dinge. Dort möchtest du, dass der BP ein Gesetz inhaltlich, also materiell, auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen hat. Hier ist es nun streitig, ob der das tun soll, in jedem Fall soll aber das BVerfG dafür herhalten.

Nicht, dass das BVerfG nicht genug zu tun hätte, ihm nun auch noch die Prüfung eines jeden evtl. zu verabschiedenen Gesetzes vorab zur Prüfung vorzulegen würde sein Arbeitspensum wohl in ungeahnte Höhen katapultieren. Nicht umsonst sieht das Gesetz vor, dass zur Prüfung der eines Gesetzes dieses nicht nur den gesamten Prozess der Veröffentlichung etc. hinter sich hat, sondern auch noch ZUSÄTZLICH, dass eine Betroffenheit des Klägers vorliegen muss (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG).

Darüber hinaus würde eine solche Pflicht, die du dem BP auferlegen willst, nicht nur eine Änderung seiner Pflichten bedeuten, sondern letztlich auch Eingriffe ins GG, BVerfGG und weitere Gesetze benötigen. Bei einer solch grundlegenden Änderung des möglichen Ablaufs eines Gesetzesprüfungsverfahrens hätte ich ehrlich gesagt mehr Angst, als durch die potenzielle(!) Gefahr, die von solchen Gesetzen wie dem LuftSichG ausgeht.

Zumal da auch mal ganz gerne die Relation vergessen wird: Es werden jedes Jahr hunderte bis tausende Gesetze, Verordnungen etc. erlassen, von denen nur ein minimaler Anteil sicherlich streitbar sind, aber eben deswegen noch nicht unweigerlich verfassungswidrig. Ein Paradebeispiel ist zum Beispiel das Urteil zu den Wahlmaschinen, wo sich ja der Widerstand massiv gegen die Wahlmaschinen gerichtet hat und nun offensichtlich übersehen wird, dass das BVerfG dem Einsatz dieser eben KEINE Absage erteilt hat, sondern nur Schranken und Voraussetzungen für deren Einsatz.

Die Anzahl der Gesetze die überdies auf Bundesebene erlassen wurden und den formalen Weg nicht eingehalten haben - hui, da wird die Luft erst richtig dünn. Ich glaube, wenn dann kann sich der Streitpunkt überhaupt nur auf eine materielle Prüfung beziehen.


"... wird das BVerfG notfalls im Eilverfahren das Gesetz abnicken ..."

Du hältst nicht viel von der Gewaltenteilung, oder? Letztlich ist das was du da machst, nämlich nichts anderes als eine Verwässerung der Zuständigkeiten. Das BVerfG ist nun mal nicht der juristische Prüfungsausschuss des Parlaments, die juristische Kammer des BP und schon gar nicht die richtige Stelle um präventiv in den Gesetzgebungsakt einzugreifen.

Jan Schejbal (der Petent)

Der Gesetzgebungsakt ist an der Stelle, an der das BVerfG "eingreifen" würde, eigentlich schon abgeschlossen, es fehlt nur noch die Unterschrift des Bundespräsidenten und die Ausfertigung. Einen "präventiven" Eingriff sehe ich also nicht gerade. Bundestag und ggf. Bundesrat, also die Organe der Legislative, haben ihre Arbeit da eigentlich schon abgeschlossen. Nur haben sie diese Arbeit in der Vergangenheit leider oft schlecht gemacht, weswegen ich eine zusätzliche Kontrolle für sinnvoll halte.

Warum gehst du davon aus, ich würde nichts von Gewaltenteilung halten? Gerade die zusätzliche Kontrolle der Arbeit der Legislative durch die Judikative ist doch eigentlich ein klassischer Fall von Gewaltenteilung. Das BVerfG kann bereits Gesetze für nichtig erklären, nur geschieht dies regelmäßig zu spät. Die zitierte Stelle mit dem "... wird das BVerfG notfalls im Eilverfahren das Gesetz abnicken ..." wäre nur für den Fall, dass ein BP die Regelung missbraucht und versucht ein Gesetz zu verzögern.

Das BVerfG würde auch nicht alle Gesetze prüfen, sondern nur die, bei denen der BP begründete Zweifel an der Verfassungskonformität hat. Die Hauptarbeit würde also beim BP entstehen, die juristische Kammer des BP dürfte also einen Ausbau benötigen und würde immer noch die Arbeit übernehmen.

Die Sache mit den Wahlmaschinen wäre (sofern sie davon betoffen wäre, war ja eine Verordnung) ein gutes Beispiel: Jetzt ist der Schaden schon eingetreten (Einkauf der Schrottkisten und nicht vertrauenswürdige Wahl) und wird nicht behoben. Wäre eine vorherige Prüfung erfolgt, wäre klar gewesen, dass nur Geräte mit paper trail zulässig sind, die Wahlgeräteverordnung hätte mit zulässigen Regelungen erlassen werden können (oder die Wahl hätte verfassungskonform auf Papier stattfinden müssen, wenn es nicht mehr rechtzeitig geklappt hätte).

Die von dir erwähnten Eingriffe ins GG, BVerfGG und weitere Gesetze wären natürlich nötig.

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