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Mütter und Söhne (2)

Der Kommentar von Daveman zu Mutter und Söhne hat mich dazu veranlasst, hier nochmal etwas zu schreiben, und meine indirekte Meinungsumfrage zu beenden.

Vorweg: Natürlich hat die Mutter ihr Geld längst zurückerhalten. Und natürlich werde ich nicht unsere eh schon überlastete Justiz mit einer Strafanzeige (denn evtl. steht hier weiterhin Betrug im Raum) belasten.

Interesssant finde ich aber, um mal beim Juristischen anzufangen, dass bisher keiner dazu kommentiert hat, dass der Mutter das Geld schon aus einem viel trivialeren Grund zusteht: Sie als Kreditkarteninhaberin hat ein Anrecht darauf, dass Sie das Geld im Missbrauchsfall zurückerhält. Damit wäre eigentlich jegliche weitere Diskussion dahingehend erledigt.

Schade finde ich aber, dass hier neben Davemen und einigen wenigen anderen kaum einer einen anderen Aspekt sieht - denn immerhin war mein Beitrag keine Bitte um eine primär juristische Einschätzung. Wir als manitu haben uns den Anspruch nach Menschlichkeit auf unsere Fahnen geschrieben, und wir messen uns ständig daran.

Wenn wir einmal eine unpopuläre Entscheidung treffen, kommt gerne und schnell das Argument, dass etwas nicht menschlich sei. Das bewegt uns jedes Mal dazu, darüber nachzudenken, ob die jeweilige Entscheidung fair war, ob sie den unterschiedlichen Interessen gerecht wird etc.

In diesem Fall hätte ich mir seitens der Mutter ebenso Menschlichkeit erwartet. In mehrerlei Hinsicht.

Zum einen ein gewisses Maß an Anstand, Moral und Ehre, dass man für etwas, was das eigene Kind "verursacht" hat, gerade steht. Dass man Dritte, die wirklich nichts dafür können, nicht im Regen stehen lässt, selbst, wenn man es nicht muss. Ich wurde so erzogen, dass man für einen Schaden, den man einem anderen zufügt, gerade steht - auch wenn es nur eine kleine Beschädigung im Supermarkt ist. Dass man zumindest fragt, ob und wie man gemeinsam zu einer Lösung kommt - statt die juristische Keule auszupacken. Im Schwingen eben dieser juristischen Keule war die Mutter nicht nur reflexartig, sondern offensichtlich geübt. Das spricht Bände.

Zum anderen dahingehend, dass die Mutter ihren Sohn in und mit dieser Angelegenheit erzieht. Es wäre in meinen Augen eine Lektion für Verantwortung gewesen. Der Sohn hätte wunderbar (bei 15 Euro - so viel kostet sein Handyvertrag pro Monat sicherlich auch - also bewegen wir uns im Taschengeldbereich) lernen können, was es bedeutet, einen Vertrag einzugehen. Immerhin war er in der Lage (1) einen Webhosting-Anbieter zu suchen, (2) eine relativ hübsche Domain zu bestellen, (3) sich sehr plausible Daten auszudenken, (4) die Kreditkarte der Mutter zu einem geeigneten Zeitpunkt zu verwenden, (5) eine telefonische Verifizierung auf dem Festnetz der Mutter (!) entgegenzunehmen. Wäre das mein Sohn, hätte ich ihm die Leistung gelassen, und ihn die 13,39 Euro abarbeiten lassen bzw. von etwas anderem abgezogen. Als Lektion für Geld und Verbindlichkeiten sozusagen.

Und zum dritten dahingehend, dass der Sohn das Wort und die Bedeutung eines Schadens kennenlernt. Immerhin war die Mutter sehr deutlich darin, dass der Schaden am Hoverboard ja bezahlt werden müsse. Für mich stellt sich in der Tat die Frage, ob in diesem Konstrukt das Problem wirklich der Sohn war, oder ob es nicht in Wahrheit die Mutter und ihre in meinen Augen grenzwertig niedrige Sozialkompetenz war bzw. ist. Dafür spricht auch, die Androhung, überall im Internet negativ über uns zu kommentieren zu wollen.

Ich habe mich sehr gefreut, dass Daveman (und einige wenige andere Kommentatoren) das sehr ähnlich wie ich sehen.

Ich lege diesen Fall nun auch gedanklich anlässlich des 1. Mais zu meinen Hirn-Akten. Zugegebenermaßen mit einer kleinen Portion ans Rest-Erschrockenheit, wie manch einer so tickt.

Kommentare

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Sebastian

Kann ich vom ersten bis zum letzten Wort unterschreiben. Anstand, Respekt und Verantwortungsbewusstsein scheinen aus der Mode gekommen zu sein.

Bernd

Ihr habt hoffentlich die schöne Domain behalten, damit der Sohn die nicht einfach woanders registriert?
Inhaber auf Manitu geändert, und gut ist. Afaik werdet ihr die ja schon ein Jahr bezahlt haben?

Manuel Schmitt

Ehrlich gesagt: nein. Ja, man zuckt da kurz. Aber das wäre moralisch und auch juristisch nicht richtig.

Aber ich denke, dass es nicht lange dauer, bis ein Grabber sie hat. Da ist man ausnahmsweise mal froh über die ;-)

Stefan

Ich fand ja vor allem die Weigerung, den Fall per Email zu schildern, das, was die Mutter zur Kooperationsverweigerin macht.

Die einsfuffzich, die der Supermarktkassierer versehentlich zuviel von mir kassiert hat, bekomm ich auch nur gegen Unterschrift wieder, damit dokumentiert ist, warum hier mal Geld in die andere Richtung geflossen ist. Auf der Email hätte ich bestanden. "Braucht die Buchprüfung, SOX-Konformität, wissenschon".

Und beim nächsten Mal ist dann halt der, der als 11-jähriger Sohn vorgestellt wird, eigentlich der 21-jährige Ex, der die Domain dann doch gern behalten hätte...

tadzio

Was die Einschätzung des Verhaltens und der Einstellung der Mutter angeht, teile ich Deine Meinung völlig, Manuel.
Aber auch wenn das Telefonat noch so unerfreulich war - lass mich hier die ehemalige First Lady der USA zitieren: "If they go low, we go high."

Cheers
tadzio

Keksdose

Dieser Vorgang ist eigentlich Sinnbild dafür, wie es mittlerweile in unserer Gesellschaft ausschaut.

Letztens fragte jemand in einer Facebookgruppe, ob jemand mit den in den Lack seines Autos gekratzten Namen von Kindern etwas anfangen könne, da ein Kindergarten in der Nähe sei bzw. eine Grundschule.
Ihm ging es um die Schadensregulierung, immerhin sind die Eltern in der Regel ja Haftpflichtversichert.

Was ihn erwartete, war wenig hilfreich, sondern eher ein Shitstorm von Wikipedia-Gelehrten die ihn erstmal aufklärten, das die Eltern für den Schaden ja gar nicht aufkommen müssten wenn es auf dem Schulweg passiert sei etc. pp.

Der für sich selbst eingeforderte Respekt, und die für sich selbst eingeforderte Rücksichtnahme wird anderen überhaupt nicht mehr entgegen gebracht.

Anstand ist out, Kontroverse ist in. Meine Eltern hätten mich verdroschen, wenn ich so einen Unfug angestellt hätte. Und ich hätte mich noch persönlich und in Schamesröte beim Geschädigten entschuldigen müssen.
Heute liegt der Fokus eher darauf, das der Geschädigte dem Täter ja psychischen Schaden zufüge, wenn er ihn zur Rechenschaft zieht.

Andreas

Die Haftpflichtversicherung zahlt aber in der Regel nur dann, wenn der Versicherte für den Schaden auch haftet.

Kuller

Insgesamt eine sehr unschöne Geschichte (wobei mich wundert dass ihr sowas nicht öfter habt ;-) ).

Grundsätzlich ist das Kind nicht in der Lage ein Dauerschuldverhältnis einzugehen. Das dürfte der zentrale Anker sein. Irgendwelche Gerichtsverfahren kosten nur Zeit und Geld.

Bezüglich der Erziehung:
Ich habe auch gelernt für Schäden einzustehen auch wenn man es formaljuristisch nicht musste. Ich entsinne mich da an eine Geschichte mit einem doofen Nachbarn und dessen Auto und einem Stein wo ich mich hab anstacheln lassen. Zahlen hätte man es nicht müssen. (Und auch eine HP hätte nicht gezahlt) - gezahlt wurde trotzdem.

Bezüglich Verträgen:
Ich glaube hier sollte das Gesetz weicher werden und es ermöglichen auch Dauerschuldverhältnisse einzugehen. Gestaffelt nach Freigabe der Eltern die vorgelegt werden muss. In dem Alter war ich (damals mit Modem) auch im Netz unterwegs, meine ganzen Accounts wurden ursprünglich mit anderen "Geburtsdaten" erstellt da ich eigentlich zu jung war. Manchmal gar nicht so einfach die Stammdaten später zu fixen ;-). Mein erstes Konto gab es mit 11 (riesiger! Akt damals). Das brauchte ich für meinen Handyvertrag - damals konnte man noch als minderjähriger bei Viag einen Vertrag mit Zustimmung der Eltern abschließen. War lange ein Genion. Mein erstes Hosting stammt auch aus dem Zeitbereich.

Es kann sich also durchaus eine lange Geschäftsbeziehung entwickeln und ich glaube man sollte Zwerge nicht unterschätzen aber anders betreuen ;-). Auch ich habe einige Unfug getrieben. Sei es damals Bittorrent über einen Hetznerserver - der Heimanschluss war quasi inexistent und da konnte man den Kram bei Freunden "lokalisieren" (da würde ich heute schlaflose Nächte haben ^^). Viele Dinge habe ich erst lernen müssen - aber auch können. Das Netz war damals für vieles gefühlt zugänglicher und man hat sich durchaus ernstgenommen gefühlt. Ohne dies hätte ich wohl vieles nicht experimentiert und ausprobiert.

Zur Causa Delicti:
Um Kopie des Kinderausweises o.ä. und eine schriftliche Bestätigung der Aussage bitten. Im Zweifel auch per E-Mail. "Muss so sein wegen geschäftlichen Prozessen wissense? Da kann ich leider auch nichts ändern auch wenn ich gerne würde" ;-). Auf die 15€ pfeifen oder wenn der kleine was drauf hat für einige Jahre später ein Praktikum o.ä. anbieten.

Und "verdreschen" ist a) bei der Höhe des Schadens noch b) überhaupt nie eine Lösung.

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