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Störerhaftung in Foren: Amtsgericht München widerspricht Landgericht Hamburg

Einerseits sehr begrüßenswert, dass es noch denkende, menschliche Richter gibt, andererseits schade, dass trotzdem keine allgemeingültige Rechtssprechung zu solchen Themen herrscht:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/110578
Wie wäre es denn, liebe Legislative, wenn Ihr Euch mal für die "neue Welt" ("das Internet") etwas ausdenkt, wie man Dinge, die immer wieder von unterschiedlichen Richtern unterschiedlich entschieden werden, schnell, unbürokratisch und sinnig (sprich im Interesse des Volkes, denn das vertretet Ihr ja!) in einer Verordnung oder (von mir aus auch) einem Gesetz verankert, so dass Rechtssicherheit für alle Teilnehmer herrscht?

Ich bin kein Volljurist und damit ganz und gar nicht mit großen anderen Rechtsgebieten vertraut, aber mich beschleicht das Gefühl, dass es kaum einem anderen Themengebiet derart viele Meinungsunterscheide bei Gerichten und damit Rechtsunsicherheit gibt. Irgendwie hinkt unsere Gesetzgebung der technischen und medialen Entwicklung um Jahre hinterher. Und das, was beschlossen wird, sieht für mich mehr danach aus, als ob es dem Selbstzweck der Exekutive und Legislative anstatt dem Willen des Volkes dient, dessen Sprachrohr ja die Legislative sein sollte. Wie gut, dass Herr Montesquieue bereits tot ist. Wobei er sicher keine angenehme Ruhe haben wird...

Kommentare

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Christian

Meiner Meinung nach ist hier gar nicht so viel an den Gesetzen anzupassen, insbesondere wo es um Kommunikation geht. Letztlich handelt es sich ja nur um ein anderes Medium. Ich denke, dass es im Internet-Bereich viele Fehlurteile gibt, weil Richter die technischen Möglichkeiten a) unterschätzen oder b) überschätzen und deswegen ein falsches Bild von der Sachlage haben.

Hätte man vor wenigen Jahren Gesetze über Webforen gemacht, so würde man sich heute darüber streiten ob ein Blog mit Kommentarfunktion ein Webforum darstellt. Analog, hätte man weitere Jahre vorher Gesetze über Newsgroups gemacht.

krustyDC

Ich glaube, eine ordentliche Gesetzgebung hat überhaupt keine Möglichkeit, mit den heutigen technischen Entwicklungen Schritt zu halten und eine zufriedenstellende Rechtssicherheit zu schaffen. Sicherlich würden wir uns das manches mal wünschen, aber so eine Grauzone bietet schon auch Vorteile...

Passende Gesetze wären vermutlich bei ihrer Absegnung sowieso längst veraltet oder umgangen. Und wer weiß, im Zweifel ist es vielleicht sogar besser, dass bei jedem Fall eine neue Einzelentscheidung - von einem im besten Fall vernünftig denkenden Richter - getroffen wird.
Bei starren Gesetzen und cleveren Anwälten würde die Zahl der praktisch betrachtet ungerechten Entscheidungen vielleicht sogar steigen. Und darüberhinaus würde vermutlich auch noch eine unvorstellbare Klagewelle über das Land brechen...:-/

Manuel Schmitt (manitu)

Hmmm... Aber meinst Du nicht, dass eine gewisse Menge an Rahmenbedingungen, die dennoch Freiraum für Entscheidungen lässt, sinnig wäre?

Ich denke z.B., dass man es einem Forums-Betreiber nicht zumuten kann, Beiträge binnen Tagen oder gar Stunden zu zensieren. Zumal der ja ggf. gar nicht die Kompetenz besitzt. Kein Mensch würde es einem Café-Betreiber zumuten, Gesprächen, auch wenn sie noch so laut geführt werden, die Leute in ihrem Redefluss zu mäßigen.

Ich denke, wenn jemand sich gestört fühlt, sollte es eine angemessene Frist (sagen wir mal 1 Woche) geben, binnen derer der Forumsbetreiber auf Aufforderung "zensiert". Vielleicht sollte man für diese Aufforderung eine Aufforderung eines Fachanwalts vorschreiben, der den "sich gestört Fühlenden" vertritt und die nötige Kompetenz besitzt, eine Grundeinschätzung zu machen, zugleich aber zusichert, für alle Folgen, wenn die "Zensur" nicht rechtens war, aufzukommen (besser gesagt sein Mandant). So kann nicht jeder "Hans" eine Zensur verlangen, sondern muss sich einer zumindest ausgebildeten Instanz bedienen, die ihn ggf. einbremst, aber im Fall der Fälle dennoch für eine schnelle "Erstversorgung" kümmert.

krustyDC

Naja, glücklicherweise bin ich ja nicht in der Position über die Einführung solcher Gesetze bestimmen zu müssen, und kann es somit beim lockeren Gedankenaustausch belassen ;-)
Selbstverständlich bin ich der Meinung, dass die Gesetzgebung in diesen Punkten entscheidend verbessert werden kann. Ich sehe nur die Gefahr, dass sich die Situation durchaus auch verschlimmern könnte.

Wenn diese angedachten Rahmenbedingungen festgelegt würden, garantiert uns ja keiner, dass sie dann von den "vernünftig denkenden" Juristen geschaffen werden...Stell dir beispielsweise nur mal vor, es würde das Gesetz erlassen, das Forenbetreibern die Pflicht zur Prüfung definitiv auferlegt. Dann wäre das final und kein noch so viel vernünftiger Richter hätte mehr die Möglichkeit selbst Recht zu sprechen.
Die neuen Gesetz zum Urheberrecht bei Medien sind ein gutes Beispiel dafür, wie gewünschte Rechtssicherheit schiefgehen kann.

Ich denke, die drohende Klagewelle ist außerdem ein unterschätztes Argument. Wenn wirklich Rechtssicherheit in mehreren Bereichen bestünde, würden unzählige Menschen Klagen vom Zaun brechen, wo aufgrund der momentanen Unsicherheit noch versucht wird Kompromisse zu finden.

Das eigentliche Problem sind - wie in den meisten Fällen - nicht fehlende Gesetze, sondern unvernünftige oder unwissende Menschen (Richter) ohne Fachkenntnis.

natürlich alles imho :-)

Christian

Aus dem Artikel bei Heise lese ich, dass das AG München eine BGH-Entscheidung zitiert, nach der es genau so ist, wie ich (wir?) es für richtig erachte(n): Nämlich dass einem Forenbetreiber eine Vorabzensur nur unter bestimmten Umständen zugemutet werden kann aber nicht grundsätzlich.

Offenbar wusste das LG Hamburg von diesem BGH-Urteil nichts oder hat sich nicht daran gehalten oder fand, das es nicht auf die Situation anwendbar sei. Gerade diese Entscheidungen, ob eine Norm auf eine Sachlage anzuwenden ist, ist Aufgabe der Gerichte und hier passieren Fehlentscheidungen.

Also haben wir eine gültige Rechtsnorm, aber sie wurde - in unseren Augen - nicht korrekt angewendet. Um so etwas zu machen braucht man aber nun mal Sachkunde, keine besseren Gesetze.

Vincent

Also ich kann Dich erstmal beruihgen, auf anderen Rechtsgebieten ist das mindestens genau so schlimm, das hat nichts mit dem Alter zu tun - da können die Gesetze auch schon im alten Rom entstanden sein...

Aber zum Thema an sich: m.E. haben hier weder Exekutive (die mal sowieso nicht), noch Legislative versagt; es ist schlicht Aufgabe der Judikative die Gesetze nun auszulegen.
Da das Gebiet aber noch nicht so alt ist, gibt es noch recht wenige höchstrichterliche Entscheidungen vom BGH und die sind nun mal das was am Ende tatsächlich Gesetzt wird aus dem was im Buch steht.
Das ist aber kein spezielles Problem uninformierter Richter, es ist in jedem Rechtsgebiet vollkommen normal, dass LGs und OLGs ständig unterschiedliche Sachen sagen. Das passiert solange bis mal jemand sich zum BGH vorkämpft und es dann entsprechende Rechtssicherheit gibt.
Gesetze sind nun mal Auslegungssache und das ist wohl auch ganz gut so. Hat schon seinen Grund, dass in einer Jura-Vorlesung die einzig richtige Antwort auf die Frage eines Profs "Das kommt drauf an" ist ;)

Der mutax schrieb

> Wie wäre es denn, liebe Legislative, wenn Ihr Euch mal für die "neue Welt"
> ("das Internet") etwas ausdenkt...

Oh bitte nicht!
Da kommen dann so grandiose Dinge raus, wie der Hackerparagraph oder das sperren von Internetzugängen bei sogg. Urheberrechtsverletzungen, GEZ-Gebühren für sogg. neuartige Rundfunkempfangsgeräte, etc.

Unsere Legislative (was war nochema 'nen Browser) hat einfach bei entscheidenden Dingen keine Ahnung vom Internet und lässt sich auch nicht beraten.

Wir haben von der Uni aus an die Hessische Landesregierung geschrieben, als der Hackerparagraph verabschieded wurde. Vom Justitzministerium bekamen wir auf den Hinweis, dass wir Probleme für normale Admins und Security-Dienstleister befürchten, sinngemäß die Antwort, falls 'zu viele' Unschuldige belangt würden, könne man ja das Gesetz immer noch nachbessern.

Das hilft halt dann nur den Betroffenen recht wenig, wenn die Rechner erstmal beschlagnahmt, die Daten möglicherweise vernichtet, die Rechner in den Eigentum der Ermittlungsbehörde übergegangen und man selber vorbestraft ist.
Denn: Welche Bank engagiert schon einen vorbestraften Security-Expert.

Soviel zum Thema "unbürokratisch und sinnig" :(

exit

DAs Problem dabei ist doch das in der Politik kaum jemand kompetent genug zu dem Thema ist um daran was zu ändern. Ich mein die meisten lassen sich das Internet doch ausdrucken weil sie damit nicht umgehen können wo soll da die Praxiskenntniss für Foren her kommen?

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